Bergbau in Sulzbach-Rosenberg

 Ehemaliger Maxhütten-Arbeitsdirektor Manfred Leiss
Ehemaliger Maxhütten-Arbeitsdirektor Manfred Leiss"Bergbau, Maxhütte, Sozialgeschichte"
									
								Die Oberpfalz als wichtiger Eisenproduzent im Mittelalter 
(dazu auch Bericht Nr.1 des Geschichtsausschusses des Vereins Deutscher Eisenhüttenleute, 1950)
In
						 der Wirtschaft der mittelalterlichen Oberpfalz spielte die 
						Eisenindustrie eine Hauptrolle. Abbauwürdige Eisenerzlager sind in der 
						Oberpfalz an vielen Orten vorhanden, die bedeutendsten 
um 
						Amberg, Sulzbach und Auerbach bis zu einem Eisengehalt von 52 %. Die 
						Erze im weiteren Umfeld wiesen 20-28 % Fe auf. Der Erzbergbau um Kelheim
						 reicht bis in die vorchristliche Zeit zurück, die dort aufgefundenen 
						Spuren deuten darauf hin, dass die Kelten schon Eisen gewonnen haben. 
						Geschichtsschreiber schlossen nicht aus, dass Karl der Große 787 den 
						Ambergern am Erzberge Rechte verliehen habe und von ihm stamme auch der 
						Plan, Donau und Main durch einen Kanal miteinander zu verbinden. Im 
						oberpfälzischen Eisenbergbau des Mittelalters kannte man sowohl den 
						Tagebau als auch den Tiefbau. Die landesherrlichen Berglehensbriefe 
						schrieben genau vor, bis zu welcher Tiefe man im Wasser „würken“ dürfe 
						und es wurden bis zu 50“Claffter“ Tiefe genannt  ( 1 Claffter entsprach 
						etwa 2 m). Den Beschreibungen nach umriss das“Würken“ in den Gruben um 
						Amberg und Sulzbach auch einen Zeitraum von 4-6 Jahren Abbau, weil 
						angeblich nur so viel gefördert wurde, wie man absetzen konnte, während 
						kleine Gruben durchgehend betrieben wurden.  
Im Jahre 1596
						 wurde in 11 Amberg/Sulzbacher Gruben 899 Pfund Bergfuder Erze als 
						Jahresleistung gefördert, umgerechnet 2.429.000 Zentner oder 121.000 
						Tonnen. Diese Fördermengen kann sonst kein Eisenerzbergwerk in 
						Deutschland nachweisen. Die Förderleistung eines Bergknappen je Schicht 
						betrug 11,2 Zentner; die Kosten am Berg erreichten 88 088 Gulden und für
						 den Wert der geförderten Erze sind 118 000 Gulden notiert.   
Bei
						 dem enormen Holzbedarf der Hütten und Bergwerke mussten Wege für eine 
						geregelte Waldwirtschaft gefunden werden. Es sind auch entsprechende 
						Waldordnungen überliefert, trotzdem blieb Raubbau vielerorts nicht aus. 
						Genau so wichtig für die Eisenindustrie war die Nutzbarmachung der 
						Wasserkraft. 1270 sind die ersten Eisenhämmer der Oberpfalz urkundlich 
						erwähnt und Anhaltspunkte für die Nutzung der Wasserkraft im Hüttenwesen
						 ergeben sich aus den Ortsnamen wie Schmiedmühlen oder der Namen meist 
						adeliger Betreiber. Um das Wasser der Flüsse und Bäche nutzen zu können,
						 wurden Querdämme zum Stauen errichtet und das Wasser an die Räder der 
						Hammerwerke geleitet oder künstliche Stauanlagen(Hammerweiher) angelegt.
						 Die Oberpfälzer Hammerwerke waren entweder Eisen erzeugende oder Eisen 
						verarbeitende Anlagen, erstere Schien- und Stahlhämmer und letztere 
						Blech-, Draht-, Zain-, Streck- und Kugelhämmer sowie Waffenhämmer. 
Die bei Ausgrabungen 2013
						 in Amberg entdeckten Spuren deuten mit an Sicherheit grenzender 
						Wahrscheinlichkeit auf den Betrieb eines Rennfeuerofens aus der Zeit 
						zwischen 1258 und 1270 hin und mit seiner denkbaren Beschaffenheit kann 
						er bereits als eine Vorstufe hin zum Stückofen und als Vorgänger des 
						späteren Hochofens gelten.    
Im Dienste der Eisenindustrie 
						standen nicht nur die Berg- und Hüttenleute sowie die Eisenhändler. Man 
						brauchte auch Holzfäller, Köhler, Fuhrleute und Schiffer. Viele Gewerbe 
						lebten damals von der Eisenindustrie. Um die Erze von den Förderorten zu
						 den Hämmern zu fahren, standen viele Bauern im Dienst der 
						Eisenindustrie, die ihre Felder einfach liegen ließen. Das rief den Zorn
						 der Landesherren hervor und sie ordneten an, dass Erz- 
						Eisen-Kohlefuhren nur noch in der Winterzeit gemacht werden durften. 
						Neben dem Landweg war die Vils seit dem 11.Jahrhundert als Transportweg 
						wichtig.    
Kaiser Ludwig der Bayer, der erste Wittelsbacher auf dem Kaiserthron, trat durch den Hausvertrag von 1329
						 den größten Teil des bis dahin als „Bayerischer Nordgau“ bekannten 
						Gebietes seinen Neffen, den Pfalzgrafen bei Rhein ab. Diese gaben ihrem 
						neuen Besitztum zur Unterscheidung von ihren bisherigen Ländern den 
						Namen Ober-Pfalz, überließen ihr aber eine gewisse Selbständigkeit, mit 
						Statthalter, der nach Heidelberg berichten musste. Ludwig VI .aus einem 
						kleinen Herzogtum in Niederbayern stammend, war durch seinen Sieg über 
						die Habsburger in der Schlacht von Gammelsdorf (1313) legendär geworden 
						und den Ruf konnte er in der letzten Ritterschlacht ohne Feuerwaffen 
						1314 bei Mühldorf gegen die Habsburger festigen.
Der 
						exkommunizierte Ludwig setzte in seiner Konfrontation mit dem 
						machtbewußten, in Avignon regierenden Papst, auf arme Orden wie 
						Minoriten und Franziskaner, die „Occupy- Bewegungen des 
						14.Jahrhunderts“. Ludwig VI. steht für die Einigung Bayerns und die 
						Ausdehnung der Wittelsbacher Macht bis nach Tirol, Holland und 
						Brandenburg.
Reiche Eisenlager wurden über- und untertage 
						abgebaut und Eisen in beachtlicher Menge gewonnen, sodass die Oberpfalz 
						für gewöhnliches Schmiedeeisen der wichtigste Produzent in Europa wurde.
						 Die oberpfälzischen Blechhämmer stellten vor allem Fein- und 
						Bodenbleche her. Die Bleche waren genormt. Diese kamen als Schwarzbleche
						 in den Handel oder wurden verzinnt und als Weißbleche verkauft. Das 
						Verzinnen der Bleche ist eine Erfindung im bayerischen Nordgau, 
						begünstigt durch die Blecherzeugung der Oberpfalz und die Zinnvorkommen 
						des Fichtelgebirges und datiert von 1300. Ortschaften mit dem Namen 
						Plech (im Jahre 1118 genannt), dürften von daher kommen. Die 
						Zinnblechindustrie war in Nürnberg, Wunsiedel und später in Amberg stark
						 vertreten und auch zu Sulzbach verzinnte man Bleche. 
Die Bergstädte Amberg und Sulzbach
Die
						 Bergstädte Amberg und Sulzbach übten ihren bestimmenden Einfluss in der
						 Oberpfalz durch die 1341 geschlossene Hammereinigung aus, die bis 1650 
						regelmäßig erneuert wurde. Eine 1655 von Amberg vorgeschlagene Hammereinigung
						 wurde vom Sulzbacher Herzog abgelehnt, da er seinen Hochofen bei 
						Fichtelberg nicht in die Einigung einbeziehen wollte. Auch die in der 
						Region vorzufindenden Unternehmensformen bedienten sich kapitalistischer
						 Arbeitsweise; die in Regie der Stadt Amberg agierende Gesellschaft warf
						 eine jährliche Dividende von 8 % aus.
Amberg als „süddeutsche
						 Eisenstadt“ dominierte auch den Handel und überließ Sulzbach nur den 
						zweiten Platz. Die vorherrschende Stellung verdankte Amberg seiner Lage 
						am Erzberg und an der Vils als wichtigen Wasser- und Transportweg. 
						Kaiser Barbarossa hatte den Ambergern schon 1163 Zollfreiheit durch das 
						ganz römische Reich Deutscher Nation verliehen und auch der Bischof von 
						Passau räumte Amberg weitgehende Transportrechte ab der Donau bis nach 
						Ulm ein.   
1356 hatte Kaiser Karl IV
						 in der goldenen Bulle das Bergregal den Landesfürsten übertragen, die 
						somit über die Bodenschätze verfügen konnten. Die Landesherren als 
						Besitzer der Gruben verliehen Berglehen an die Gewerken; diese mussten 
						dafür an die Landesherren den Bergzehnten entrichten, ursprünglich den 
						10.Kübel; seit dem Jahre 1450 den 17.Kübel. Dazu kam der Bergzoll nach 
						dem für jedes abgefahrene Fuder Erz der Käufer einen Geldbetrag zu 
						zahlen hatte, also eine Art Umsatzsteuer. 
Die Rechte und 
						Pflichten der Bergknappen waren in den Bergordnungen geregelt, die der 
						Hammergewerken und ihrer Arbeiter in den landesherrlichen Hammerbriefen.
						  Die Hammerzinsen betrugen im 14.Jahrhundert 12 rheinische Gulden, 
						später 16-24 Gulden. Die Hammermeister übten für einfache Vergehen auch 
						die Gerichtsbarkeit aus. In der Feinblecherzeugung und hier insbesondere
						 für die Herstellung verzinnter Bleche besaß die Oberpfalz Jahrhunderte 
						lang das europäische Monopol. 
Ende des 16.Jahrhunderts
						 beschäftigte der oberpfälzische Eisenerzbergbau 1000 Bergleute. Der 
						erste oberpfälzische Hochofen in Pielenhofen/Naab in 1505,-dem Typ nach 
						ein Blasofen/Stuckofen-  geht auf die Pfalzgrafen von Neuburg Sulzbach 
						zurück und 1602 wurden im Fichtelgebirge Hochöfen nach Siegener Bauart 
						errichtet. 
Auf Schien- und Stabhämmern sowie Blechhämmern 
						wurde das gewonnene Eisen verarbeitet. Im Jahre 1387arbeiteten in der 
						Oberpfalz 125 Schienhämmer und 22 Blechhämmer; 1545 waren 119 
						Schienhämmer und 82 Blechhämmer in Betrieb. Das Geschäft mit verzinnten 
						Blechen florierte und führte 1533 zur Gründung der „Amberger Zinnblechhandelsgesellschaft“,
						 die infolge Überschuldung 1631 aufgeben musste; die 
						Nachfolgegesellschaft war mit ihren Produktionskosten ebenfalls nicht 
						wettbewerbsfähig und scheiterte auch wegen der Entlassung von 
						Fachkräften protestantischen Glaubens, die nach Sachsen ausgewandert 
						waren. 
Der Dreißig jährige Krieg war für die  Oberpfalz 
						verheerend und verwüstete Bergbau und Eisenindustrie. Die besonders von 
						1633-1634 grassierende Pest raffte ein Drittel der Bevölkerung hinweg. 
						Nach dem Aderlass des langen Krieges und den Religionsstreitigkeiten war
						 eine Verarmung und Verödung eingetreten, die wirtschaftliche 
						Initiativen unterband. Die Landesherren verkündeten  deshalb 1690 einen 
						Erlass zur Belebung des Bergbaus und erteilten ab 1691 Schürffreiheit.
Bleibt
						 festzustellen, dass die Eisenindustrie der Oberpfalz im Mittelalter ein
						 Wirtschaftsfaktor ersten Ranges war. 1475 sollen 12.000 Menschen 
						unmittelbar von dieser abhängig gewesen sein und indirekt 25 % der 
						Wohnbevölkerung. Insoweit ist die vergleichende Bezeichnung „Ruhrgebiet 
						des Mittelalters“ eine angemessene.
© Manfred Leiss
