Bergbau in Sulzbach-Rosenberg


Helmut Heinl Autorenseite
"Leben in der Bergmannssiedlung"
									
								 Kriegsgefangene im Bergbau Sulzbach-Rosenberg
Kriegsgefangene im Bergbau Sulzbach-RosenbergZu
						 den im Zweiten Weltkrieg im Bergbau eingesetzten Kriegsgefangenen gibt 
						es, außer den offiziellen Verlautbarungen, bisher nur wenige 
						Informationen. Das umfangreiche Archiv des Sulzbach-Rosenberger Bergbaus
						 wurde vernichtet.
Ab Oktober 1939 forderte die
						 Maxhütte Kriegsgefangene für ihre Erzgruben an. Französische, belgische
						 und polnische Kriegsgefangene wurden daraufhin in allen größeren 
						Betrieben eingesetzt.  Denn die Belegschaft war durch den Krieg 
						ausgedünnt.
Dazu habe mich sowohl mit Obersteiger Ludwig 
						Ritter unterhalten, als auch einiges aus den Gesprächen mit den alten 
						Feuerhofer Bergleuten erfahren. 
Den Letzteren 
						zufolge kamen die ersten Kriegsgefangenen aus dem Lager in Amberg auf 
						die Grube Karoline. Mit fortschreitendem Krieg wurden die täglichen 
						Transporte (jeweils für 3 Schichten) zu aufwendig und der 
						Bergwerksdirektor forderte den Bau von Baracken,  damit er die Leute 
						jederzeit griffbereit hatte. Deswegen konnten – den alten Bergleuten 
						zufolge – auch menschlichere Bedingungen herrschen, als in den großen 
						Lagern. Nähere Angaben, wie viele Kriegsgefangene eingesetzt wurden, 
						konnten die Bergleute nicht machen. Zum einen gab es drei Schichten, zum
						 anderen gab es von Karoline bis Etzmannsberg viele Abbauorte. Das 
						konnte der einfache Bergmann nicht überblicken. Von Obersteiger Ludwig 
						Ritter gibt es ein Schriftstück, in dem er kurz auf die Kriegsgefangenen
						 eingeht, s. unten. So wie ich Ritter einschätze, dürften seine Angaben 
						der Wahrheit entsprechen.
Die alten Feuerhofer Bergleute, 
						Wismet, Rösel, Kohl, Stöcklmeier u. a. haben mir erzählt, dass mit den 
						Gefangenen unter Tage ordentlich umgegangen wurde – ungeachtet ihrer 
						Nationalität. Die allermeisten Erzgräber, die mit einem Gefangenen vor 
						Ort arbeiteten, betrachteten ihn als Kameraden. Die Gefangenen 
						arbeiteten ja nicht gemeinsam, sondern wurden, jeweils einzeln, einer 
						Gruppe vor Ort zugeteilt. Zu wem, darauf hatte der Steiger Einfluss. 
Durch
						 die räumliche Nähe vor Ort, in Kleinstgruppen, entstand zwangsläufig 
						eine gewisse Vertrautheit. Außerdem nützte den Leuten ein kräftiger 
						Helfer mehr als ein kranker. Schließlich hing ihr Arbeitslohn vom 
						„gemachten Erz“, vom Gedinge ab. Der Kohl Fritz (Schneck) meinte einmal 
						dazu: „Wenn da da Wong assa springt, is da wurscht wer nan mit eihebt“. 
						Das zeigt, dass die Schicksalsgemeinschaft unter Tage keine Unterschiede
						 machte.
Wenn es irgendwie möglich war, steckten die Kameraden
						 dem Gefangenen ein Stück Brot, Geräuchertes oder ein Stück Wurst zu. 
						Die Bergleute damals aßen noch keine Wurstbrote etc. zur Brotzeit, 
						sondern eben Wurst, Geräuchertes, Backsteinkäse in Stücken und 
						Bratheringe. 
Die „Berchleit“ sagten mir aber 
						auch, dass man bei einigen Kollegen, die eingefleischte Nazis waren, 
						vorsichtig sein musste. Sie vertraten die offizielle Meinung der Partei,
						 wonach insbesondere Polen und Russen „minderwertig“ waren und 
						behandelten sie entsprechend. Wenn ein solcher merkte, dass man einem 
						Gefangenen etwas zusteckte, und das an die Parteileitung meldete, konnte
						 man ziemlich Ärger bekommen. Allerdings hielten die anderen Kameraden 
						in solchen Fällen auch zusammen und spielten die Sache herunter. Die 
						Denunzianten konnten sich deswegen auf keine Zeugen berufen. Diese 
						Information hat auch Manfred Hausner aus Diskussionen in der Familie 
						erfahren. Er war damals zwar nur 12 – 13 Jahre alt (*1933), konnte sich 
						aber an diese Gespräche noch gut erinnern.
Oft 
						revanchierten sich die Gefangenen im Rahmen ihrer Möglichkeiten. Sie 
						verschenkten selbst geschnitzte Schnupftabakdosen, andere Schnitzereien 
						oder kleine Bilder. 

Handgefertigte Schnupftabakdosen. Archiv Heinl
Persönliche
						 Kontakte außerhalb der Grube waren allerdings ausgeschlossen. Die 
						Bergleute durften nicht in das Barackenlager und die Gefangenen durften 
						nicht heraus. Außerdem hätte es – wäre so etwas herausgekommen – großen 
						Ärger mit den Nazis, Ortsgruppenleiter etc. gegeben.
Die
						 Menge des hereingewonnen Erzes war nicht nur für die Bergleute, sondern
						 vor allem für den Betriebsleiter der Grube Karoline, Norbert Hamacher 
						äußerst wichtig. ObSt. Ritter hat mir erzählt, dass dieser auf Umwegen 
						dafür sorgte, dass die Gefangenen ausreichend zu Essen bekamen, damit 
						sie arbeiten konnten. Er gab seinen Bergleuten, die eine Landwirtschaft 
						hatten, Sägespäne, Bretter oder Schwarten umsonst. Die brachten 
						Kartoffeln, manchmal auch Rüben mit, damit die Kriegsgefangenen besser 
						versorgt werden konnten. Die Sägespäne verwendeten die Bauern als 
						Einstreu für die Tiere und manchmal auch zum Heizen (Sägespäneofen). Wie
						 die Kartoffeln zu den Lagerinsassen kamen, wussten meine Informanten 
						nicht. Dort wo es möglich war, hatten sich die Gefangenen auch die 
						Kartoffeln auf dem Barackengelände selbst angebaut. Manchmal bekamen sie
						 Stecklinge, von den Kameraden und möglicherweise auch von der 
						Grubenleitung. Zuverlässig überliefert ist, dass sich die Gefangenen 
						selbst kochen durften. 
Laut ObSt. Ritter gelang es Hamacher 
						diese etwas bessere Behandlung gegenüber den Nationalsozialisten 
						durchzusetzen. Seine Begründung war, wenn er mit so wenig deutschen 
						Bergleuten ordentlich Erz fördern solle, müssen die Gefangen mehr 
						leisten und dazu auch besser ernährt werden.
Von
						 Ritter ist dazu schriftlich überliefert: „ Auf dem Bergwerk waren zu 
						der Zeit gut 100 Kriegsgefangene beschäftigt. Die Polen waren im 
						Tuchersaal (Rosenberger Straße 10) untergebracht, die Russen, Franzosen 
						und Belgier wohnten in mehreren Baracken, am Hang nördlich von Karoline.
						 Nach dem Einmarsch der Amerikaner waren alle gespannt, wie sich diese 
						Leute, von denen Franzosen und Belgier 5 Jahre als Gefangene hier 
						arbeiteten, jetzt verhalten würden. Nichts passierte. Ein Franzose sagte
						 zu mir: „Der Chef und alle Aufsichtspersonen haben uns nicht anders 
						behandelt als die deutschen Arbeiter. Wir haben nichts zu rächen“. In 
						etwa 4 Wochen waren auch die letzten Gefangenen (Franzosen) abgezogen. 
						Die Baracken füllten sich später mit Heimatvertriebenen. 
Kriegsgefangene
						 gab es auch im Ersten Weltkrieg im Bergbau, vor allem Franzosen. Es 
						sollen lt. Dr. Achim Fuchs, vom Stadtarchiv Amberg, ca. 110 Männer 
						gewesen sein, die vorwiegend in Sulzbach eingesetzt wurden. Sie kamen 
						vom Lager in Amberg und wurden zunächst täglich hin und her 
						transportiert. Da dies zu aufwendig und zeitraubend war, wurden sie in 
						Sulzbach versorgt und untergebracht. Von meinen oben genannten 
						Gesprächspartnern war aus dem Ersten Weltkrieg  nichts zu erfahren.
Anmerkung:
						 Um falsche Schlüsse zu vermeiden, weise ich ausdrücklich darauf hin, 
						dass es sich hier um Aussagen von Zeitzeugen handelt. Sie beschränken 
						sich auf deren Erlebnisse, die sich ausschließlich auf die Sulzbacher 
						Gruben beschränken.
© Helmut Heinl 12/2022
									
								[B]
												Informationsbroschüre zum Schlackenberg „Berg aus Schlacke“ Während der
												nationalsozialistischen Zeit wurde im Bereich des Schlackenberges ein
												Kriegsgefangenenlager errichtet. Es gehörte zu dem am 27. September 1939 in
												Betrieb genommenen Kriegsgefangenen-Stammlager (Stalag) XIII A, dessen Hauptverwaltung
												in Sulzbach-Rosenberg am Loderhof untergebracht war. Baracken des 
Stalag XIII A befanden sich im Loderhofgebiet, bei der Grube Karoline, unterhalb des Nord- und Nordosthangs des Schlackenberges und am Eichelberg. Die Bauten am Schlackenberg und Eichelberg sowie bei der Grube Karoline waren von der Maxhütte errichtet worden.
												
												
												
												[1] Wie B
								Stalag XIII A befanden sich im Loderhofgebiet, bei der Grube Karoline, unterhalb des Nord- und Nordosthangs des Schlackenberges und am Eichelberg. Die Bauten am Schlackenberg und Eichelberg sowie bei der Grube Karoline waren von der Maxhütte errichtet worden.
