Bergbau in Sulzbach-Rosenberg


Helmut Heinl Autorenseite
"Leben in der Bergmannssiedlung"
									
								Hightech in der Sulzbacher Eisensteingrube
Das
						 Problem in vielen Bergwerken dieser Welt ist das eindringende Wasser. 
						Selten war es für Bergleute nützlich, meistens hinderlich. Bereits in 
						der Frühzeit des Bergbaus liefen die Gruben voll, wenn eine Wasserader 
						angeschnitten wurde oder wenn es stark regnete. Je tiefer die Bergwerke 
						wurden, desto schwieriger wurde es das zufließende Wasser zu bewältigen.
						 Mit in den Berg getriebenen Wasserlösungsstollen, die vom Fuß eines 
						Hangs aus, möglichst tief angesetzt wurden, versuchten die 
						Grubenbetreiber bereits im Mittelalter, das Wasser frei ablaufen zu 
						lassen. Auf Grube Karoline bei Sulzbach fand man in der Neuzeit in 100 m
						 Tiefe noch alte Baue.(1)
						   Dort grub man Wasserschächte und hob das Wasser mit sog. Bulgen an 
						die Tagesoberfläche. Das waren bis zu 500 Liter fassende Säcke aus 
						Leder. Dafür gab es eigene Wasserknechte, die mithilfe von Seilwinden 
						und bis zu dreispännigen Pferdegöppeln die Wasserbehälter hochzogen und 
						entleerten. (Das waren 3 PS, während in der letzten Auerbacher Grube 
						Leonie 2.500 PS arbeiteten).(2)
						  Später wurden alle möglichen Versuche mit Pumpen angestellt, die 
						meistens alle nicht ausreichend funktionierten, so auch im Sulzbacher 
						Bergbau.
Damit
						 setzte das zufließende Wasser eine Grenze, die verhinderte, dass große 
						Lagerstätten abgebaut werden konnten. Seit 1856/57 arbeitete man auf
						 der Grube Etzmannsberg im Tiefbau mit Handpumpen-Betrieb! 1857 wurde 
						auch die Verbindung mit der „Eisengießerei und Maschinenfabrik von Klett
						 & Comp." und der Firma Earnshaw — beide in Nürnberg — wegen der 
						Aufstellung einer Dampfmaschine zur Förderung und Wasserhaltung auf der 
						Grube Etzmannsberg aufgenommen.(3)
						  Der Bergbau brauchte eine technische Lösung und die notwendige 
						Energie, um größere Teufen zu erreichen. Zahllose Mechaniker und 
						Ingenieure bemühten sich darum.
 Der
						 Erste, der 1712 eine brauchbare „Feuermaschine“, als Dampfpumpe, zum 
						Einsatz im Steinkohlenbergbau erfand, war der Engländer Thomas Newcomen.
						 Der enorme Nutzen dieser Erfindung bereitete den Weg für ständige 
						technische Verbesserungen. Auch Goethe interessierte sich für die neue 
						Technik. Am 4. September 1790 befuhr er auf einer Informationsreise das 
						Blei- und Silberbergwerk Tarnowitz in Schlesien und besichtigte die in 
						England hergestellte Dampfmaschine.(4)
Der
						 Erste, der 1712 eine brauchbare „Feuermaschine“, als Dampfpumpe, zum 
						Einsatz im Steinkohlenbergbau erfand, war der Engländer Thomas Newcomen.
						 Der enorme Nutzen dieser Erfindung bereitete den Weg für ständige 
						technische Verbesserungen. Auch Goethe interessierte sich für die neue 
						Technik. Am 4. September 1790 befuhr er auf einer Informationsreise das 
						Blei- und Silberbergwerk Tarnowitz in Schlesien und besichtigte die in 
						England hergestellte Dampfmaschine.(4)James
						 Watt erfand 1744 in England die Dampfmaschine und ließ sie 1769 
						patentieren. Ab da entwickelte sich die Dampfkraft als vielseitiges 
						Antriebsmedium und kam in kleinen Schritten auf das europäische 
						Festland. Zunächst aber, ab ca. 1820, war das große Einsatzgebiet für 
						die neue Kraftquelle die Eisenbahn in England.
1835
						 war die Technik in Deutschland so weit entwickelt, dass der erste Zug 
						von Nürnberg nach Fürth fuhr. Dann folgten in kurzen Abständen immer 
						neue Strecken. Das war der Anlass für die Gründung der Maxhütte im Jahr 
						1853 und damit eine Art Neustart für den Sulzbacher Bergbau. Denn für 
						das neue Transportmittel wurden riesige Mengen Eisenschienen benötigt. 
						Gleichzeitig konnte mit dem neuen Fortbewegungsmittel die für die 
						Dampfmaschinen erforderliche Kohle aus den Kohlerevieren geholt werden. 
						Dieser in großen Mengen verfügbare Brennstoff konnte für die 
						Entwässerung der Bergwerke mit Dampfpumpen eingesetzt werden. Die 
						Hüttenwerke waren endlich nicht mehr auf die Holzkohle angewiesen. 
Am
						 12.12.1859 wurde die Bayer. Ostbahn von Schwandorf nach Nürnberg 
						eröffnet. Sulzbach war endlich an das Bahnnetz angeschlossen. Die neue 
						Technik konnte Einzug halten. Soweit aus den spärlich vorhandenen 
						Unterlagen erkennbar, wurde ab 11.1.1860, also 4 Wochen danach, in den 
						Sulzbacher Bergwerken erstmals eine Lokomobile (5) in der „Eisensteinzeche Etzmannsberg“ eingesetzt. (6)
						 Die Bergwerksleitung hatte offenbar nur noch auf den Bahnanschluss 
						gewartet. Ab da wurde die Wasserhaltung in den Sulzbacher Gruben auf den
						 aktuellen technischen Stand gebracht. Jetzt konnten Erzkörper 
						aufgeschlossen werden, die bisher wegen zu hohem Wasserzufluss nicht 
						möglich war. Ein bedeutender Vorteil für die noch junge Maxhütte. Auf 
						Etzmannsberg wurde 1862 am „Max Schacht“ eine zweite Dampfmaschine 
						aufgestellt.
Der
						 Amberger Bergbau war hier schneller. Am Erzberg gab es bereits 1831 
						eine nur 6 PS starke Dampfmaschine für Wasserhaltung und Förderung. Sie gilt als die erste,
						 die in Bayern praktisch verwendet und mit Kohle der Amberger 
						Fürstenhofzeche, der Grube Thannheim bei Ensdorf und Wackersdorf 
						betrieben wurde. (7)
Das
						 Aufstellen des Dampfkessels musste aus Sicherheitsgründen vom 
						Bezirksamt genehmigt werden. Denn in der Anfangszeit explodierten sehr 
						viele Kessel, wodurch Gebäude zerstört und Menschen getötet wurden. Die 
						Sicherheitstechnik war noch nicht ausgereift, das Bedienpersonal hatte 
						oft zu wenig Erfahrung.
Gleichzeitig
						 war so eine Dampfmaschine eine Sensation. Denn Dampfkraft war zu dieser
						 Zeit technische Hochkultur. Die Kinder wünschten sich zu Weihnachten 
						eine Dampfmaschine als Spielzeug. Dampfkraft war der Motor der 
						Industrialisierung, die unsere individuellen, wie gesellschaftlichen 
						Lebensbedingungen von Grund auf revolutionierten. Dabei betrug ihre 
						Leistung in der Anfangszeit nur zwischen 3 und 30 Pferdestärken. Das 
						allerdings rund um die Uhr, und das war – neben dem billigen „Futter“ - 
						ihre Stärke. (8)

Der Maschinist am Etzmannsberg, hinter der Zweizylinder-Dampfmaschine (1903); Archiv Heinl
Die
						 Bedienung der großen Maschinen war schwieriger als man glaubt. Der 
						Dampfkessel konnte nicht einfach in Betrieb genommen, sondern musste 
						vorgeheizt und langsam angefahren werden. Das funktionierte so, dass in 
						den Wartungspausen im Feuerraum immer ein kleines „Erhaltungsfeuer“ 
						brannte. Anschließend musste der Heizer noch einige Stunden voll 
						aufheizen, bis das Wasser heiß und der Betriebsdruck von 2 bis 2,5 atü 
						erreicht war. Bei späteren Maschinen, mit verbessertem Material, war der
						 Druck bereits deutlich höher.
Natürlich
						 musste die Mechanik ständig gewartet werden. Das hört sich einfach an, 
						weil man aus heutiger Sicht Dampfmaschinen als robuste stählerne 
						Ungetüme betrachtet. Dabei waren die Maschinen sehr empfindlich, 
						besonders was Temperaturschwankungen betraf. Deshalb gab es einen eigens
						 dafür ausgebildeten Maschinisten. Er konnte am Klang der Maschine 
						erkennen, ob es irgendein Problem gab. Auch seine Bezahlung war gut. Der
						 Schichtlohn eines Bergmanns betrug ca. 3 Reichsmark, der Maschinist 
						erhielt durchschnittlich 3,77 Reichsmark (Angaben 1908) . (9)
Als
						 sich die Technik weiter verbreitet hatte, wurde Maschinist einer 
						Dampfmaschine ein Ausbildungsberuf. Er begann mit einer 
						Lehrlingsausbildung, die alle Formen der Metallbearbeitung erfasste. Die
						 Maschine bestand ja nicht nur aus Gusseisen, sondern auch aus Stahl, 
						Messing und Kupfer. Nach seinem Abschluss konnte der Mann kleinere 
						Reparaturen an der Maschine selbst durchführen. 
Der
						 Maschinist kümmerte sich ausschließlich um seine Maschine, füllte 
						Wasser und Öl nach, prüfte die Lager und die Treibriemen und natürlich, 
						ob der vorgeschriebene Dampfdruck eingehalten wurde. Wichtig war es, die
						 Gleitflächen ausreichend zu schmieren, dazu mussten in regelmäßigen 
						Abständen die Schmiertöpfe aufgefüllt werden. Der Maschinist musste die 
						Konstruktionszeichnungen seines Arbeitsgeräts im Kopf haben. So 
						entwickelte er ein persönliches Verhältnis zu „seiner Maschine“. 
						Notwendige Ersatzteile wurden oft in den Werkstätten der Maxhütte 
						hergestellt, da die Herstellerfirmen der Dampfmaschinen weit entfernt 
						waren.
Damit
						 immer genug Dampf im Kessel war, gab es einen Heizer, der sich vom 
						Maschinisten Erfahrung zum Bedienen der Maschine abschauen musste. Seine
						 Aufgabe war es, Kohle in den Brennraum zu schaufeln und immer für 
						konstantes Feuer zu sorgen. Dazu musste er die Kohlen so auf dem Rost zu
						 verteilen, dass sie gleichmäßig abbrannte. In regelmäßigen Abständen 
						musste er das Kesselwasser auffüllen und die Rauchrohre kehren. Von den 
						beiden, oft rußverschmierten Gesellen hing es ab, ob die Kraftmaschine 
						gleichmäßig lief und vor allem, ob sie möglichst wenig Kohle 
						verbrauchte. Der Maschinist war damals der wichtigste Techniker, um das 
						Bergwerk am Laufen zu halten. Entsprechend war sein Status bei der 
						Belegschaft und der Bevölkerung, vergleichbar mit einem Lokomotivführer.
						 
Die
						 neue dampfbetriebene Pumpe am Etzmannsberg war jetzt das wichtigste 
						Gerät zur Wasserhaltung. Dafür musste sie 24 Stunden an 365 Tagen im 
						Jahr in Betrieb sein. Es galt damals wie heute: „Die Pumpenkammer ist 
						das Herz eines jeden Bergwerks“. Für die Erzförderung wurden am Beginn 
						des Dampfzeitalters weiterhin die aufwendigen Pferdegöppel eingesetzt. 
						Die Bergleute mussten noch Jahre auf Fahrten (Leitern) bis zu 90 Meter 
						tief den Schacht hinab- und hinaufklettern. Aber das wichtigste Problem,
						 das den Bergbau über Jahrhunderte einschränkte, war gelöst. Das Wasser 
						konnte ohne Pausen an Sonn- und Feiertagen gehoben. Das „Futter“ wurde 
						im Eisenbahnwaggon angeliefert. Jetzt gab es keine Grenze mehr, tiefer 
						liegende Erzkörper zu erschließen.

Maschinenraum
						 der Grube Etzmannsberg mit einem Teil seines Werkzeugs. Allerdings 
						handelt es sich nicht um die erste Dampfmaschine, denn die Aufnahme 
						stammt aus dem Jahr 1903. Archiv Heinl
Die
						 Dampfkraft hatte für die Belegschaft einen angenehmen Nebeneffekt. 
						Durch den heißen Dampf, der aus den Kolben zischte und kondensierte, war
						 immer ausreichend Wärme vorhanden. Die Aufenthaltsräume konnten im 
						Winter temperiert werden. Die Bergleute hatten nach der Schicht warmes 
						Wasser, um sich zu waschen. Duschen gab es damals noch nicht. 

Der Heizer vor dem Kessel der Grube Etzmannsberg, 1903; Archiv Heinl 
Die
						 Bilder zeigen, dass die Räume der Grube mit Petroleumlampen beleuchtet 
						wurden. Es gab noch keinen Strom. Die Bergleute unter Tage arbeiteten 
						noch mit „Froschlampen“. Karbidlampen wurden allgemein erst ab 1920 
						verwendet.
Die
						 Kessel wurden meistens mit Braunkohle aus dem Revier bei Schwandorf 
						beheizt. Sie wurde mit dem Zug bis zum Sulzbacher Bahnhof angeliefert, 
						umgeladen und dann mit Fuhrwerken zum Bergwerk transportiert. 1908 
						brauchten alle drei Bergwerke durchschnittlich 15 t Braunkohle in der 
						Woche. (10) Der Einsatz von Kohlen war angesichts des Holzmangels in der Oberpfalz ein großer Vorteil.
1864 wurden in Sulzbach bereits Steinkohlen aus Zwickau (11) angeliefert und an Privatpersonen verkauft. Die Eisenbahn machte es möglich. 

Die
						 Dampfkraft setzte ihren Siegeszug fort. In der Maxhütte werden immer 
						wieder neue Dampfmaschinen in Betrieb genommen. 1913 wird die Dampfkraft
						 den Gruben durch elektrischen Strom abgelöst. Im Werk Rosenberg wird 
						dazu ein Kraftwerk in Betrieb genommen, angetrieben mit Dampf. (12)
© Helmut Heinl
									
								[1] Geschichte und wirtschaftliche Bedeutung der oberpfälzischen Eisenindustrie
von den Anfängen bis zur Zeit des 30-jährigen Krieges von Dipl.-Ing. Franz Michael Ress S. 45 veröffentlicht unter http://www.nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:355-ubr02230-0168-3
  von den Anfängen bis zur Zeit des 30-jährigen Krieges von Dipl.-Ing. Franz Michael Ress S. 45 veröffentlicht unter http://www.nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:355-ubr02230-0168-3
[2] Johannes Pfeufer,  Festansprache zur Barbarafeier, des Bergknappenvereins Auerbach im Jahr 1984
  [3] Nichelmann: Beitrag zur Darstellung der Entwicklung der eisenschaffenden Industrie
in der Oberpfalz in VHO 1956 http://www.nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:355-ubr01807-0001-8
    in der Oberpfalz in VHO 1956 http://www.nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:355-ubr01807-0001-8
[5] Dampfmaschinenanlage
						 in geschlossener Bauform, bei der alle zum Betrieb der Anlage 
						erforderlichen Baugruppen  auf einer gemeinsamen Plattform montiert 
						sind. Lokomobilen konnten ortsbeweglich und ortsfest montiert werden. https://de.wikipedia.org/wiki/Lokomobile
  [6]
						 Dem Fortschritt folgte auch die J. E. von Seidel'sche Buchhandlung. Sie
						 hat ihre Dampfmaschine 1863 in Betrieb genommen, während die 
						„Elektrische Zentrale Sulzbach“ (Stadtwerke) erst 1900 Dampfkraft 
						einsetzte. http://www.albert-gieseler.de/dampf_de/tables/ort-stv0.shtml
  [7]  Vgl. Volker Nichelmann; Der Amberger Erzberg und die Luitpoldhütte von 1800 bis 1945; http://www.nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:355-ubr02688-0108-4
  [8] Die Kohlen für die Dampfkessel der Bergwerke in Sulzbach kosteten 1881 1,28 Mark und in
der Maxhütte im Durchschnitt 1,38 Mark per 100 Kilo. E. Fromm: Bericht an den Verwaltungsrath der Eisenwerk-Gesellschaft Maximilianshütte ueber das Gutachten: Die Verwerthung der Eisenerzgruben zu Amberg (*) München 1881, an den Verwaltungsrath der Eisenwerkgesellschaft Maximilianshütte München.
  der Maxhütte im Durchschnitt 1,38 Mark per 100 Kilo. E. Fromm: Bericht an den Verwaltungsrath der Eisenwerk-Gesellschaft Maximilianshütte ueber das Gutachten: Die Verwerthung der Eisenerzgruben zu Amberg (*) München 1881, an den Verwaltungsrath der Eisenwerkgesellschaft Maximilianshütte München.
[9] Copierbuch der Grube Etzmannsberg 1908
  [10] Vgl. 8
  [11]
						 Preisvergleich f. Sulzbach: 1865 kostete  1 Liter Bier 5 Kreuzer, 3 
						Pfennige, der  6-Pfünder Brot kostete 15 Kreuzer. 1 Klafter Weichholz 
						zwischen 10 und 12 Gulden. Quelle: Sulzbacher Wochenblatt 1865.
  [12] Buch 75 Jahre Maxhütte.
								